Wie viele englische Wörter brauchst du?

Es gibt Menschen, die 1000 Wörter lernen und damit lange sehr zufrieden sind.

Es gibt aber auch Menschen, die nie zufrieden sind, weil sie ihr Oxford English Dictionary im Schrank sehen und denken: Das lerne ich nie alles. 

Wie viele englische Wörter sind also "genug"?

Im Prinzip gilt:

Wie viele englische Vokabeln brauchst du?

Ich gebe dir dazu ein paar Zahlen. Es gibt in der Literatur natürlich unterschiedliche Einschätzungen. Aber normalerweise liegen die Zahlen ungefähr in diesen Bereichen:

Wie viele Wörter kennen englische Muttersprachler?

Menschen mit Englisch als Muttersprache haben normalerweise einen Wortschatz mit etwa 20.000 Wortfamilien. Da liegen die Schätzungen so im Bereich von 15.000 bis 20.000, bis hin zu 30.000 Wörtern. Du kannst dir vorstellen, dass das stark variiert, je nachdem, ob die Studien mit Jugendlichen oder jungen Erwachsenen durchgeführt wurden. Je mehr Menschen im Laufe ihres Lebens lesen und lernen, desto größer wird auch ihr Wortschatz.

Wie viele englische Wörter gibt es überhaupt?

Im Englischen gibt es den Ausdruck "How long is a piece of string?" - Die Antwort darauf ist natürlich: Kommt drauf an. Wie bei allen Fragen rund um den Wortschatz geht es nicht darum, eine ultimative Antwort zu finden. Es ist viel interessanter, zu verstehen, was wir eigentlich meinen, wenn wir vom "Wortschatz" sprechen. Und das wird besonders offensichtlich, wenn wir fragen: Wie viele Wörter gibt es überhaupt?

Im Oxford English Dictionary stehen etwa 240.000 Wörter. Das sind alle Wörter, die im aktiven Englisch auftauchen. Dazu gehören auch technische Begriffe, die zwar häufig verwendet werden - aber sicherlich nicht allen Menschen bekannt sind, auch wenn Englisch ihre Muttersprache ist.

Das komplette Oxford English Dictionary in der Onlineversion enthält im Moment allerdings um die 800.000 Wörter. Dazu gehören recht viele Wörter, die heutzutage niemand mehr verwendet. Diese Wörter haben historischen Wert, und wir begegnen ihnen noch in Büchern - deshalb ist es gut, dass wir sie nachschlagen können. Sowas wie "magnificious" - das ist zwar ein tolles Wort, aber es wird heutzutage nicht mehr verwendet.

Sprache ist nie "fertig"

Das Ding ist aber: Wenn genug Menschen anfangen, das Wort "magnificious" wieder zu verwenden, kann es sein, dass das Wort wieder in den aktiven Gebrauch wandert.

Und genau das ist die wichtigste Information, die wir aus diesen ganzen Zahlen holen können: Es gibt keine absolute Zahl an "englischen Wörtern". Wörter tauchen auf und verschwinden wieder. Sprache lebt.

Nur "tote" Sprachen sind irgendwann "fertig". Solange Menschen die Sprache sprechen, wird sie sich verändern. Und damit ändert sich auch die Zahl der Wörter ständig, die aktiv verwendet werden.

Das Oxford English Dictionary nimmt jedes Jahr neue Wörter auf. Du kannst davon ausgehen, dass alle drei Monate mehrere hundert Wörter neu dazukommen. Begriffe wie "pinkie promise", "fintech" oder "superyacht" sind zum Beispiel im Dezember 2022 neu ins Wörterbuch aufgenommen worden - das überrascht dich vielleicht. Ach, die sind doch gar nicht so neu? Stimmt, aber um ins OED aufgenommen zu werden, müssen Wörter schon eine Weile existieren, relativ weit verbreitet sein und von genug Menschen gleich oder ähnlich verstanden werden.

Was lernen wir aus diesen Zahlen fürs Sprachenlernen?

Du kannst mit relativ wenigen Wörtern oder Wortfamilien schon relativ viel anfangen.

Je besser du die 1000 bis 3000 Wortfamilien kennst, desto mehr kannst du mit deinem Englisch anfangen. Denn das bedeutet, dass du die Wörter kennst, die dir in der Sprache am häufigsten begegnen.

Je mehr du weißt, desto unvorhersehbarer wird Sprache. 

Am Anfang machst du schnell Fortschritte. Du lernst "einfache" Wörter - diese Wörter fallen dir leicht, weil du sie immer wieder siehst und immer wieder verwenden kannst. Und irgendwann kommst du an den  Punkt, an dem du gefühlt nur noch vorwärts kriechst. Neue Wörter kommen dann aus dem riesigen "Restbereich", der auf die üblichsten 1000 - 3000 Wörter folgt.

Good news: Lass dich davon nicht einschüchtern. Du hast alles, was du brauchst.

Es ist doch toll, wenn du mit deinem Grundwortschatz schon eine Art "Freischwimmer" hast. Klar, im offenen Meer ist das Schwimmen schwieriger als im Pool. Aber schwimmen kannst du. Du hast also alle Fähigkeiten, die du in den rauheren Gewässern brauchst.

Reality Check: Niemand kennt alle Wörter.

Alle Menschen brauchen Wörterbücher, egal ob Englisch ihre erste, zweite, fünfte oder zehnte Sprache ist. Denk mal daran, wie oft du im Duden nachschlägst, was ein Wort bedeutet oder wie es geschrieben wird.

Du brauchst weniger Wörter als du denkst und du bist nie fertig.

Englisch ist kein Bingo Spiel, bei dem du irgendwann das Kärtchen hoch hältst und "Bingo!" schreist, weil du alle Felder angekreuzt hast.

Es ist eher so, dass du dich sehr lange in diesem Raum zwischen den vielleicht 1000 häufigsten Wörtern und dem offenen Ozean bewegst. Je wohler du dich in diesem Raum fühlst, desto glücklicher bist du auch beim Sprachenlernen.

Nicht: Wie viele Wörter muss man kennen, sondern...

Statt dessen stellst du dir neue Fragen:

Quellen:

Lightbown, Patsy & Spada, Nina (2013). How languages are learned. Oxford University Press.

Milton, James & Alexiou, Thomaï. (2009). Vocabulary size and the common European framework of reference for languages. 10.1057/9780230242258.

Webb, Stuart & Nation, Paul (2017). How Vocabulary is Learned. Oxford University Press.