Entschuldige dich nicht für dein Englisch

aktualisiert am 2. September 2025

Veröffentlicht am 5. März 2024

Du und dein Englisch steht in der Kaffeeküche. Eine neue Kollegin kommt vorbei und du stellst dich vor und dann zeigst du auf dein Englisch und sagst: „Das ist mein Englisch, aber es ist leider sehr dumm.”

Heute geht es darum, was Menschen eigentlich erreichen wollen, wenn sie sich für ihr Englisch entschuldigen, warum das tendenziell eher nach hinten losgeht und was du stattdessen machen solltest.

Dieser Blogpost ist eine gekürzte Fassung der Podcast-Folge: "How I met my English - der Englisch-Beziehungs-Podcast: Folge 25: "Warum du dich nicht für dein Englisch entschuldigen solltest"

Warum du dich nicht für dein Englisch entschuldigen solltest

I'm really sorry, my English isn't very fluent.

Sorry, my English is a bit shaky.

I'm really sorry, my English isn't very good.

Fast alle Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, entschuldigen sich in der Öffentlichkeit regelmäßig für ihr Englisch. Ironischerweise fragen sie mich dann sogar oft, wie sie sich denn jetzt am Anfang eines Gespräches besser für ihr Englisch entschuldigen können.

Und dann sage ich ihnen: „Also am besten ist es, wenn du dich gar nicht für dein Englisch entschuldigst.”

Ich kann ja gut nachvollziehen, warum Menschen sich für ihr Englisch entschuldigen.

„Ich möchte mein Gegenüber vorwarnen.”

“Ich möchte höflich sein.”

“Ich hoffe auch, dass Menschen dann netter und geduldiger sind.” “Dann nehmen Menschen mir meine Fehler nicht so übel.”

“Menschen sprechen dann langsamer und nehmen Rücksicht auf mich.”

Letztendlich steht dahinter das Bedürfnis, einen sicheren Rahmen für sich selbst zu schaffen. Und irgendwie hoffen Menschen auch, dass andere ihnen ein Problem abnehmen: Wenn ich dir verrate, dass sich mein Englisch hier nicht wohlfühlt, sorgst du dafür, dass ich mich sicherer fühlen kann, indem du mich rücksichtsvoll behandelst.

Richtig?

Nun ja. Lass uns mal den Reality Check machen.

„Wenn ich mich entschuldige, dann sind die anderen geduldiger.” 

Nein. Wer sich für dich als Person interessiert, ist sowieso geduldig. Egal, wo dein Englisch gerade ist und egal, wie du an dem Tag drauf bist.

Und solche Menschen merken meistens auch gar nicht so sehr, was denn jetzt an deinem Englisch eigentlich nicht in Ordnung sein könnte, weil sie dir gar nicht erst mit so einer kritischen Grundhaltung begegnen. Und wer extrem kritisch mit deinem Englisch umgehen will, wird das sowieso tun. Dann ist es egal, ob du dich vorher entschuldigst oder nicht. Und dann ist ehrlich gesagt auch egal, wie gut dein Englisch wird.

Du kannst die Reaktionen der anderen Menschen nicht beeinflussen.

„Ich muss den anderen Menschen was zu meinem Englisch sagen, dann wissen sie, woran sie sind.”

Nö. Mal ganz ehrlich: Andere Menschen merken schon selbst, dass du vermutlich kein Native Speaker bist. Das musst du ihnen nicht sagen.

Wenn du ihnen das so explizit vor die Nase hältst, dann heißt das eigentlich nur, dass du ihre Aufmerksamkeit dann ganz besonders auf dein Englisch lenkst und sie damit von allem ablenkst, was sie sonst vielleicht viel mehr wahrgenommen hätten. Deine Expertise, zum Beispiel.

“Die anderen können das besser als ich.”

Hinter dem Impuls, dich für dein Englisch zu entschuldigen, steht eine zentrale Annahme über die anderen Menschen im Raum, nämlich: „Die können alle besser Englisch als ich. Mein Englisch ist besonders peinlich, besonders unangenehm, besonders langsam, besonders stockend und damit irgendwie störend.”

Nur: Das stimmt ja gar nicht.

Okay, es kann durchaus sein, dass in diesem Raum sehr viele Menschen sind, die selbstbewusster sind als du, die flüssiger Englisch sprechen oder Native Speakers sind. Das ist möglich. Gleichzeitig sind da aber vermutlich auch Menschen im Raum, denen es im Bezug auf ihr Englisch auch nicht so super geht.

Egal, wie sicher wir uns manchmal damit sind: Wir wissen letztendlich nicht, was Menschen um uns herum denken. Nur weil ich mir sicher bin, dass Klaus aus dem Vertrieb komplett selbstsicher Gespräche mit internationalen Kunden führt, heißt das nicht, dass Klaus nicht vorher zwei Hemden nassgeschwitzt haben kann.

Und was ist mit Hanna, Michael, Stefanie und Thomas die eigentlich nie etwas zu Englisch sagen?

Was ist, wenn Hanna, Michael, Stefanie und Thomas genauso unsicher sind wie du – oder vielleicht noch unsicherer? Die hören dich, wie du sagst: „I'm really sorry, my English isn't very good.”

Und weil die meisten Menschen genau diesen Satz extrem flüssig über die Lippen bekommen, hören Hanna, Michael, Stefanie und Thomas das und denken sich: „Oh Gott, wenn diese Person sich für ihr Englisch entschuldigt, muss ich sofort einen Ohnmachtsanfall vortäuschen und mich aus dem Raum tragen lassen, bevor ich hier den Mund aufmache.”

Es kann also wirklich ganz ungewollte und überraschende Konsequenzen haben, wenn du dich vor anderen für dein Englisch entschuldigst.

Konsequenzen: Was passiert, wenn du dich für dein Englisch entschuldigst.

Natürlich hat es in erster Linie Konsequenzen für dich und dein Englisch, wenn du dich immer wieder für deine Sprachfähigkeiten entschuldigst.

Practice makes permanent.

Das hat mein Tai Chi Lehrer immer gesagt. Nicht: Practice makes perfect. Sondern: Practice makes permanent. Das funktioniert mit Bewegungsabläufen – aber auch mit Glaubenssätzen.

Wenn du dich am Anfang von Gesprächen für dein Englisch entschuldigst, beginnst du jede Interaktion, indem du dir selbst einen Glaubenssatz vorsagst: “Mein Englisch ist schlecht, mein Englisch ist nicht gut, mein Englisch ist nicht gut genug.”

Und wie das ja mit solchen Glaubenssätzen ist: Irgendwann ist es völlig egal, ob der Satz stimmt oder nicht. Ich arbeite regelmäßig mit Menschen zusammen, die sich diesen Satz oder ähnliche Sätze schon so lange selbst sagen, dass sie gar nicht mehr bemerken, was sich im Laufe der Jahre an ihrem Englisch geändert hat. Sie haben sich einfach daran gewöhnt, zu denken: „Mein Englisch ist schlecht und wenn ich ein Gespräch beginne, sollte ich mich erst mal für mein Englisch entschuldigen.”

  • Das Ganze ist zu einer Gewohnheit geworden, die sich aber mit jeder Wiederholung tiefer eingräbt.
  • Das Ganze kann aber auch an deinem Umfeld liegen. Es gibt Umgebungen, in denen es fast schon normal ist, sich ständig für sein Englisch zu entschuldigen.

Das wäre alles nicht so schlimm, wenn es nicht so eine starke Wirkung auf dein Englisch hätte.

Ich habe mal irgendwo in einem Buch – ich weiß leider nicht mehr, wo – einen Cartoon gesehen. Da steht ein Mann neben seinem Sohn und sagt: „Das ist mein Sohn Erwin. Er ist ein Idiot.”

Natürlich ging es in dem entsprechenden Kapitel darum, dass Worte nicht spurlos an uns vorbeigehen. Wenn Erwin das immer wieder hört, wird Erwin das irgendwann auch verinnerlichen. Und wenn Erwin dann eine Klassenarbeit schreibt, dann wird Erwin eben nicht unbedingt davon ausgehen, dass das super laufen wird. Denn Erwin ist ja nun nicht mit dem Glauben groß geworden, dass er intellektuellen Herausforderungen gewachsen ist.

Wenn du dir dieses Bild vorstellst, dann denkst du dir hoffentlich: „Hey, ich würde doch niemals zu meinem Kind oder meiner besten Freundin sowas sagen!”

Du würdest niemals eine Person, die dir wichtig ist, mit den Worten vorstellen: “Hallo, das ist …. . Sie ist leider nicht besonders intelligent.”

Warum machst du das dann aber mit deinem Englisch?

Ja, ich weiß: Dein Englisch ist keine Person. Ehrlich gesagt ist es aber fast noch schlimmer: Dein Englisch ist ein Teil von dir. Ich sage immer, dass Englisch eigentlich nur ein Werkzeug ist, aber natürlich ist die Art, wie du dich auf Englisch ausdrückst, auch ganz stark mit deiner Identität verbunden.

Und wenn du diesen Teil von dir vor anderen Menschen immer wieder als schlecht oder ungenügend vorstellst, dann wird das etwas mit dir machen, und mit deiner Beziehung zu deinem Englisch.

Du wirst vermutlich nervöser sein und dir selbst sofort erst mal auch weniger zutrauen. Was dazu führt, dass du eher Fehler machst als in entspannten Momenten.

Und weil du die Aufmerksamkeit der anderen jetzt ganz besonders auf dein Englisch gerichtet hast, bemerkt dein Publikum deine Fehler jetzt auch eher.

Was dein Publikum dann komplett verunsichert. Was sollen andere Menschen denn überhaupt mit der Information anfangen, dass dein Englisch “nicht gut” ist? Ist das ein Arbeitsauftrag? Soll dein Publikum dir irgendwie helfen? Oder – und diese Interpretation ist häufiger als du vielleicht glaubst – denkt die Person vor dir: “Hm, okay, du fühlst dich mit Englisch nicht wohl, dann lasse ich dich lieber in Ruhe.”

Was dir dann wieder einen Grund gibt, gedanklich auf dein Englisch einzuhauen: “Siehst du! Die merken, wie schlecht du bist und sprechen erst gar nicht mit uns!”

Also. Du erreichst mit dieser Entschuldigung auf gar keinen Fall das, was du vermutlich beabsichtigt hast.

 Was kannst du also stattdessen machen?

Wie du dich nicht für dein Englisch entschuldigst

Der erste Schritt ist, überhaupt zu bemerken, ob du in diesen “Sorry, my English is bad”-Automatismus fällst.

Der zweite Schritt ist, dich nicht zu entschuldigen. Weil es aber gar nicht so leicht ist, irgendetwas einfach ersatzlos nicht mehr zu machen, biete ich dir etwas an, das du statt dessen tun kannst:

Anstatt: “Sorry, my English isn’t very good.”

Sagst du: “Hi, I’m …. Nice to meet you.” Oder du suchst dir einen anderen passenden Einstiegssatz.

Du bereitest also einen Satz vor, der in etwa den Dingen entspricht, die du im Deutschen sagst, wenn du dich vorstellst. Fertig. Mehr brauchst du erstmal nicht.

Wenn du so einen ersten Satz hast, dann gehst du sofort viel entspannter ins Gespräch.

Und du signalisiert der anderen Person: „Hi, ich bin ein freundlicher Mensch. Ich bin höflich. Ich bin interessiert. Ich bin offen für dieses Gespräch.”

Außerdem wärmst du mit so einem flüssigen, vorbereiteten, auf die Situation passenden Satz auch dein Englisch auf. Das ist besonders dann Gold wert, wenn du normalerweise nicht viel Englisch sprichst. Denn dann beginnt eine Englisch-Situation trotzdem mit einem Satz, den du gut über die Lippen bekommst. Und das gibt dir einen kleinen Boost. Und deinem Englisch signalisierst du: “Alles in Ordnung, das kennen wir, das schaffen wir.”

Du stolperst eben nicht mit einer Entschuldigung ins Gespräch, weil dir dieser Entschuldigungs-Satz eben so präsent ist.

Du startest mit einem bewussten – und damit auch selbstbewussten – Einstieg.

In aller Kürze:

Es ist verständlich, dass du dich vielleicht für deinen Englisch entschuldigen willst, aber mit einer Entschuldigung einzusteigen, hat weder für dich noch für andere Menschen den Effekt, den du dir vermutlich erhoffst:

Du entmutigst dein Englisch. Du verwirrst deine Zuhörer. Du lenkst die Aufmerksamkeit im Gespräch auf die Fremdsprache.

Wenn du für dich selbst einen sicheren Raum schaffen möchtest und anderen Menschen auch Sicherheit im Gespräch mit dir vermitteln möchtest, dann mach das anders:

Stell dich einfach vor.

So einen kurzen Vorstellungssatz kannst du vorbereiten.

Damit signalisierst du deinem Englisch: “Alles ist in Ordnung.”

Und deinem Publikum signalisierst du: “Hi, let’s talk.”

Das könnte dich auch interessieren:

Schummeln erlaubt

Schummeln erlaubt

Hinterlass mir einen Kommentar:

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}
>
Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner